Aufgrund der tiefgreifenden sozialen Struktur und der Problemlösungsfähigkeiten verschiedener Primatenarten konnte das Great Ape-Projekt sich mit der Behauptung, dass diese Tiere als nicht-menschliche Personen betrachtet werden können, gut durchsetzen. Während diese Tiere unbestreitbare Parallelen zu Menschen aufzeigen, die bei verschiedenen Arten wie Bonobos, Schimpansen und Berggorillas beobachtet werden, mit denen wir auch noch unsere Evolutionsgeschichte teilen, übersehen wir ironischerweise, die Wesen die ein noch stärkeres Argument für die Persönlichkeit darstellen als die Primaten. Wale, insbesondere Delfine, haben Forscher in den letzten Jahrzehnten mit ihrer Sprache, ihren Lernfähigkeiten, ihrem komplexen sozialen Verhalten und ihrem unglaublichen Gehirn verblüfft.
Dr. Denise Herzing und Dr. Thomas I. White, zwei Riesen in der Verhaltenswissenschaft von Delfinen, veröffentlichten einen Artikel, in dem sie die Frage der Betrachtung von Delfinen als nicht-menschliche Personen diskutierten. Als aller Erstes, listen Herzing und White die verschiedenen Kriterien auf, die “Persönlichkeit” in lebenden Wesen definieren. Obwohl unsere Definition von Personität ziemlich subjektiv und wild diskutiert wird, gibt es mehrere Eigenschaften, wo sowohl Philosophen wie auch Wissenschaftlern sich einig sind. Eines davon ist, dass eine Person eine Selbstwahrnehmung besitzt, das heißt, sie wissen dass sie selbst existieren. Dieses abstrakte Merkmal ist bei so vielen verschiedenen Tieren zum Zentrum der Verhaltensforschung geworden und wird oft durch den Spiegeltest, oder MSR (Mirror Self-recognition) gemessen. Beim Spiegeltest beobachten Wissenschaftler die Reaktion eines Organismus auf sein Spiegelbild und ob er es als eigenes Spiegelbild erkennt oder als ein anderes Tier wahrnimmt.
Dr. Lori Marino, eine renommierte Neurowissenschaftlerin, entwickelte einen dieser MSR-Tests, um die Selbstwahrnehmung in Großen Tümmlern (Tursiops truncatus) zu testen. Hier hat Marino die Reaktion von zwei Tümmler auf Spiegeln in ihrem Gehege separat getestet. Bevor sie den Spiegeln ausgesetzt wurden, ließ Marino die Tiere markieren oder „Scheinmarkieren“ und beobachtete, ob die Delfine die markierten Körperteile untersuchten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Delfine den Spiegel verwendeten, um ihre Markierungen zu überprüfen. Daher legte Marino den ersten überzeugenden Beweis vor, dass eine Nicht-Primatenart MSR-fähig ist. Follow-up-Experimente haben sogar gezeigt, dass MSR bei Kälbern von Delphinen früher vorkommt als bei menschlichen Säuglingen.
Dieses Erkenntnis war bahnbrechend, war jedoch nach der Entdeckung der „Signature Whistles“ vor etwa 50 Jahren fast zu erwarten. Diese Pfeifen sind für jeden einzelnen Delfin einzigartig und werden offenbar in freier Wildbahn von Delfine verwendet um sich untereinander zu identifizieren und zu rufen. Damit ein Individuum von einem anderen Individuum gerufen werden kann, muss es natürlich verstehen dass es ein “Ich” ist.
Solche Experimente sind zwar bemerkenswert, dennoch fordern sie auch unseren selbsterklärten Status als Spitze aller lebenden Kreaturen auf dem Planeten heraus, was uns Menschen nicht immer Recht ist. Die etwas arrogante Annahme, dass wir die dominanten Lebewesen auf diesen Planeten sind, macht es uns auch schwer, Verhaltensbeobachtungen zu machen, die nicht subjektiv sind, insbesondere wenn es um intelligente Kreaturen wie Delfine geht. Trotz der unwiderlegbaren Beweise, die angesehene Wissenschaftler über Wale präsentiert haben, fühlt sich der Mensch alle anderen Lebewesen überlegen. Wenn diese Denkweise besteht, werden Delfine weiterhin durch menschliche Handlungen gehetzt.
Kurz gesagt, wir sollten andere Lebewesen respektieren, unabhängig davon, ob wir sie für intelligent halten oder nicht. Die Arbeit von Wissenschaftlern wie Marino, White und Herzing ist wichtig, weil sie es uns ermöglichen, die philosophische Grundlage zu finden, um die tatsächliche Moral unseres Handelns weiter in Frage zu stellen. Vielleicht hilft uns das Gefühl, andere Lebewesen als „gleichwertig“ anzuerkennen, dabei uns als Teil dieser Welt zu sehen und sie zu respektieren.
von Paula Thake